Schinkelkirche zu Wuthenow

Vorgängerbauten

Mittelalter

Die erste Kirche in Wuthenow wurde um 1200, bei Anlage des Dorfes, auf dem Lankeberg, der höchsten Erhebung an der Wuthenower Lanke, errichtet. In slawischer Zeit bestanden an der Lanke 2 Siedlungen, eine innerhalb des heutigen Dorfes, die andere nahe der Grenze zur Gemarkung Neuruppin am Rande des Lankeberges. Zu Beginn des 13. Jahrhunderts haben sich deutsche Siedler niedergelassen. Wuthenow ist wahrscheinlich das älteste Dorf in der Grafschaft Ruppin, erstmals urkundlich erwähnt 1319 als Wotenowe. Grundherren waren die Grafen von Arnstein, die Ruppiner Grafen, bis zum Erlöschen des Geschlechts 1524. Von Anfang an war Wuthenow ein reines Bauerndorf. Wer hier Bauer war, lässt sich bis ca. 1500 zurückverfolgen. Das Dorf besaß damals 60 Hufen Land, darunter 2 Pfarrhufen (1 Hufe = 30 Morgen = 76.597 m²).

Mutterkirche zu Neuruppin

"diese Pfarre gehört zur Pfarren Neuen Ruppin als eine mater"Die Wuthenower Kirche war, wie aus dem Visitationsprotokoll von 1541 hervorgeht, ursprünglich die Mater der Neuruppiner Pfarrkirche (mindestens bis 1525). Daraus leitete die Wuthenower Kirchengemeinde die Tradition ab, dass bis Anfang des 20. Jahrhunderts Pfarrer von Wuthenow der Neuruppiner Superintendent (Inspector) war. Auch wenn diese Lesart des Visitationsprotokolls gelegentlich angezweifelt wird, so ist unstrittig gewiss, dass Die Pfarre Wuthenow […], nach ihrer Ausstattung zu schließen, jedoch zu den ältesten Pfarreien des Landes gehörte.

Die Beschreibung der Pfarre im Visitationsprotokoll von 1541 (in Klammern Ergänzungen aus Folgejahren) liest sich wie folgt:

Visitation in der Neuenstadt Ruppin gehalten der pfarkirchen Marie

Item zu dieser pfarre gehort auch mit dem pfarrechte das dorf Wothenow uber dem sehe und soll etwan der pfarre alhie gewesen sein und gibt die gemein dis dorfs dem pfr alhie jerl. uf Michaelis 5 schock an gelde. Desgl. gibt der heilige man also von den beiden pfarrhufen dem pfr jerl. 18 schfl rocken und 18 schfl gersten, dsgl. hat der pfr den opfer und andere kirchenaccidents von begrubnus, einleitungen und sechswocherin und breute aldo.

Wuthenow

Collator U.G.H. Dise pfarr gehört zu Neuen Ruppin als ein mater.

Possessor <Ambrosius Martini> (1558: <Er Andreas Bucho>) (1581: Er Mag. Jonas Bötticher).

Hat 1 wuste stedt zum pfarhof. Hat 2 hufen, krigt der pfr. 1½ wspl rocken und gersten. Hat den zehend daselbs, geben die leute itzund dem pfr dafür 9 ℔. Hat den 3. teil des fleischzehends sampt 9 rochhunern (1581: bekompt itzo nur 5 huner). Hat 1 <gr> (1581: 12 ₰) von einer leiche, einleitung einer braut und 6wocherin (1581: 1 gr). (1558: Den 4zeiten-₰).

Hat ein filial als Neuen Ruppin.

Kuster

Hat aus idem haus des winters 6 ₰ und im summer 5 ₰ alle quartal, facit des jahrs aus idem haus 22 ₰. Hat aus idem haus Ostereier und wurst. Hat <½ gr> (1581: 6 ₰) von einer leich, einleitung einer braut und 6wocherin auch ½ gr. (1558: hat auch ohne das den 4zeiten-₰. Und sol das gelt, wurste und eier alles zu des schulzen gericht gebracht werden, damit der schulze mit aufsehe, daß das gelt alles einkomme und die wurste, wie es sich geburt, gegeben werden).

Kirch

Hat 1 kelch <1 monstranz, wissen nit, ob es silber oder was es sei. Hat 1 viaticum>.

Hat land zu 4 schfl sat (1558: jerl.) (1581: bisweilen 6 schfl). Hat 2 wisen, gibt Wutenow von einer jerl. 2 ß und Gruben 4 ß von der andern (1551: hierzu sagen die kirchveter nein!). (1581: Für Bestellung des Kirchlandes 1 T. Bier).

<Hat 3 schock an barschaft> (1551. <itzo nur 1½ fl>) (1558: <ist gestoln>). (1581: Hat 25 fl bei Hieronymous Gartz auf zins, 1½ fl zins. 1½ fl dem kuster und pfr vor die 4zeitenmalzeit).

16. bis 17. Jahrhundert

Prospectus Ruppinensis ac Wuthenowiensis - Ausschnitt mit der Wuthenower KircheIm dreißigjährigen Krieg haben Dorf und Kirche sehr gelitten. Der Schwund der Bevölkerung im ganzen Ruppiner Land betrug 40-90%. Erst nach 1700 waren in Wuthenow die Bevölkerungslücken geschlossen. 1722 gab es in Wuthenow 19 Bauern, 7 Kossäten, 1 Schmied, 1 Schäfer, 3 Hirten, insgesamt 135 Personen. Nach dem Erlöschen der Herrschaft der Ruppiner Grafen gehörte das Dorf zum Amt Altruppin, das auch das Patronat über die Kirche ausübte. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts war die königliche Regierung in Potsdam in Patronatsangelegenheiten anzusprechen, nach dem 1. Weltkrieg die preußische Landesregierung. Im Dorf war jeweils ein Bauer gewählter Patronatsvertreter, der letzte war Rudolf Zieten.

Vermutlich die zweite, um 1600 erbaute, Kirche ist abgebildet auf dem "Prospectus Ruppinensis ac Wuthenowiensis" von 1694, dem durch Fontanes Beschreibung bekanntesten Inventarstück der Kirche. Am 14. Februar 1648 wurde der Turm durch einen Sturm umgeworfen.

Taufschale von 1672Aus dieser Kirche ist noch die Taufschale aus Messing vorhanden, die jetzt als Opferschale genutzt wird. Sie wurde 1672 für die Kirche Wuthenow gestiftet.

18. bis 19. Jahrhundert

Die dritte, nun schon größere Kirche, wurde 1721 erbaut. In ihr predigte unter anderen der Inspector Johann Christoph Schinkel, der Vater des Baumeisters Karl-Friedrich Schinkel, so auch am 26. August 1787, als am gegenüberliegenden Seeufer der große Brand von Neuruppin die Stadt fast völlig zerstörte.

Entwurf der KircheDie Kirche wurde bald baufällig, wie dieser Briefauszug von Inspektor Schroener aus dem Jahr 1810 zeigt: Am letzten Sontage war kurz vor dem Gottesdienste ein großes Stück Kalk von der Decke, gerade auf den Taufstein, gefallen. Wenn in diesem Augenblicke gerade eine Taufhandlung verrichtet worden wäre, so müßte das Leben des Kindes in Gefahr geschwebt haben.

Nach mehreren relativ erfolglosen Reparaturen erfolgte 1834 der Beschluss, die Kirche abzureißen. Bauinspektor Hermann hatte bereits 1824 angesichts der Baufälligkeit ein detailliertes Kirchenprojekt entworfen und bei der Potsdamer Regierung eingereicht. Dieser, auf der nebenstehenden Abbildung dargestellte Entwurf wurde allerdings verworfen, die Wuthenower Kirche sollte in Anlehnung an die Schinkelsche "Normalkirche" gestaltet werden. Da es an Geld mangelte, sollte die neue Kirche ohne Turm errichtet werden wie auch die im gleichen Stil erbaute Kirche von Krangen. Durch den Einsatz des Landrats von Ziethen bei Bischof Neander wurde schließlich von der Regierung das Geld für den Turm bewilligt. Am 2. Mai 1836 wurde der Abbruch der alten Kirche begonnen. Zu dieser Zeit zählten zum Ort 52 Wohn-, 106 Wirtschafts- und 5 öffentliche Gebäude sowie 1 Wind- und 1 Getreidemühle (Daten von 1860).

1836 wurde mit dem Bau der vierten Kirche, der Schinkelkirche zu Wuthenow begonnen.